Ein Jahr Ostfußball geht wieder einmal zu Ende – einige sportliche Highlights des vergangenen Jahres 2012 abseits des heiligen Rasens auf einen Blick (Teil 4) –
Oktober 2012:
Die Vereine der 1. bis 3. Liga haben bis zum 22. Oktober 2012 Zeit, sich zu den präsentierten Punkten im neuen DFB-Maßnahmenkatalog zu äußern. Auf der nächsten Versammlung des Ligaverbandes am 12. Dezember 2012 sollen dann “Nägel mit Köpfen” gemacht werden – “Friss oder stirb”, lautet nun anscheinend die Devise.
Zur (…) Neuauflage [am 3. Oktober 2012] knapp zwei Monate später ist die Stimmung im mit 3.615 Zuschauern ausverkauften “Sojus” aufgeheizt. “Sachsenschweine” rufen die Thüringer Fans. Später fordern sie per Transparent das “sozialverträgliche Frühableben” mehrerer Fußballverbände und eines Zwickauer Funktionärs. Schließlich aber nehmen sie es mit Humor und besingen das Objekt der Probleme: “Flügelmutter, Flügelmutter, hey, hey.”
Im 2011/12’er Saisonresümee von Blickfang Ultra widmen Ultras Dynamo in ihrem Beitrag zum BFU-Heft dem Kapitel Faust des Ostens durchaus ein klein wenig Raum. Klartextlich sollte dies, auszugsweise und leicht redigiert, niemandem vorenthalten bleiben.
Falscher Presseausweis? Nämlich scheinbar, wenn Deutscher Presse Verband (DPV) auf der ‘Carte de Presse’ stand, dann war eine Akkreditierung letztendlich irgendwie außen vor. Auf eine dahingehende Anfrage beispielsweise eines Redakteurs von Ostfussball.com an den Deutschen Presse Verband bezüglich des so richtlinienenbestimmt praktizierten Akkreditierungsausschlussverfahrens durch die Deutsche Fußball Liga (DFL) resümierte nunmehr der DPV aktuell Anfang Oktober 2012 durchaus richtungsweisend.
Auf der Grundlage intensiver Diskussionen mit der aktiven Fanszene des 1. FC Union Berlin werten das Präsidium und die Fan- und Mitgliederabteilung des 1. FC Union Berlin das Konzeptpapier “Sicheres Stadionerlebnis” als in großen Teilen problematisch, daher in seiner Gesamtheit grundsätzlich als nicht akzeptabel und lehnen es im Ergebnis ab.
Der Innenminister von Mecklenburg-Vorpommern, Lorenz Caffier, setzte als Vorsitzender der Innenministerkonferenz die Deutsche Fußball Liga (DFL) bei ihren Gremium in Frankfurt/Main weiter unter Druck. “Die Ausschreitungen beim Spiel des BVB gegen Schalke 04 zeigen eindrucksvoll, dass die Zeit zum Handeln gekommen ist”, sagte der CDU-Politiker gegenüber Sport Bild.
November 2012:
Seit meheren Monaten überschlagen sich die Diskussionen und Berichte und wir stehen staunend daneben: Angeblich herrschen im deutschen Fußball Gewalt und Anarchie. Ist der Stadionbesuch inzwischen ein gefährliches Abenteuer? Angeblich erlebt unser aller Lieblingssport eine nie dagewesene Dimension von Ausschreitungen. Wirklich? Aber warum bekommen wir als Fußballfans und regelmäßige Stadiongänger davon dann kaum etwas mit? Deshalb sollten sich auch die Anhänger des Ostfußballs in eine Liste eintragen, um eindeutig klar zu stellen – auch wir fühlen uns sicher!
Am 1. November 2012 trafen in Berlin zirka 250 Fanvertreter von insgesamt 49 Vereinen von der 1. Bundesliga bis zur Regionalliga zu einem Fan-Gipfel zusammen. Anlass für dieses Treffen war der Ablauf der Frist für die Vereine der Bundesliga und 2. Bundesliga, zum DFL-Konzeptpapier “Sicheres Stadionerlebnis” Stellung zu nehmen.
Normalerweise sollten gegnerische Fan-Busse schon an der Autobahnabfahrt zu Fußballspielen aus Gründen der Sicherheit abgefangen, und dann direkt zum Gästeblock geleitet werden – auch in der sächsischen Metropole Chemnitz sollte das im Prinzip nicht anders sein. Doch entgegen dieser Annahme stoppten jedoch gleich vier Busse mit reichlich Fans beziehungsweise Ultras aus Karlsruhe vor dem Eingang der Südkurve, direkt an der Fanhalle des Chemnitzer FC.
Dezember 2012:
In Deutschland nutzt sogar die Polizei diverse Daten von Facebook zur Auswertung von Straftaten, sozusagen auch noch der größte Feind der deutschen Ultrafans. Gern schreibt man sich deshalb auch allzu oft das “ACAB” (All Cops are Basterds) auf seine Fahnen, Banner und Plakate. Selbst Tätowierungen und Modeartikel in der Ultraszene zieren mit diesem Spruch jugendliche Fußballfans dieser Subkultur. So weit so gut – doch wer hier glaubt, dieses “soziale Netzwerk” würde von so genannten Ultras boykottiert, der irrt sich aber gewaltig!
Am frühen Abend des 10. Dezember 2012 ist die SG Dynamo Dresden (SGD) in erster Instanz vom Sportgericht des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) aus dem nächstsaisonalen Pokalwettbewerb als bislang erster bundesdeutscher Verein überhaupt ausgeschlossen worden.
DFL-Papier in allen 16 Punkten beschlossen. [DFL-Präsident] Rauball: “Wir haben das nicht für die Innenminister oder die Polizei gemacht. Wir haben das gemacht, weil wir es selbst für notwendig gehalten haben. Ich bin den Mitgliedern dankbar, auch wenn es manchmal zu Hause ein schwieriger Prozess gewesen war. Aber ich kann versichern, die Fankultur ist nicht gefährdet.”
Der 1. FC Union Berlin hat als einziger Ost-Verein den vom Vorstand des Ligaverbandes eingereichten Anträgen des Antragspaketes “Stadionerlebnis” nicht zugestimmt, da die tatsächliche Sicherheitslage im deutschen Fußball aktuell keine Beschlussfassung erfordere. Dieses klare Bekenntnis an die eigenen Fans sowie die weitere Entwicklung der Fankultur ist als besonders expensiv einzuschätzen und fordert daher allerhöchsten Respekt.
Die SG Dynamo Dresden hat mit Peter Pacult einen neuen Cheftrainer gefunden. Der 53-Jährige, der schon von Ende 2005 bis September 2006 das Traineramt innehatte, erhält einen Vertrag bis Juni 2014.
Wir bekennen: Wir sind Fußballfans in der Midlife-Crisis. Sätze wie “Fußball ist unser Leben” kommen uns einfach nicht mehr über die Lippen, weil im Alter die Selbstachtung mit den grauen Haaren um die Wette wächst. Der heilige Ernst, mit dem wir noch vor 15 Jahren abendelang über die Kleinkriege in unseren Fanszenen diskutierten, ist uns abhanden gekommen. Dennoch juckt es uns nach wie vor (…), wenn am abendlichen Horizont ein illuminierter Flutlichtmast zu sehen ist. Und weil so ein Kribbeln nur aufhört, wenn man dem Drang nachgibt, leben wir auch heute noch jeden Tag mit der überbewertetsten Nebensache der Welt.
-> Ostfußball-Jahresrückblick 2012 – Teil 1